Unsere Pfarrkirche - ein besonderes Kleinod
Rott am Inn verdankt das Glück, ein Rokokojuwel als Pfarrkirche zu haben, dem kunstund baufreudigen Abt Benedikt 11. Lutz v. Lutzenkirchen. Er hat es verstanden, die besten Künstler seiner Zeit für den Bau einer neuen Kirche zu verpflichten. Am 23. Juni 1759 wurde der Vertrag mit dem kurkölnischeu Hofbaumeister Johann Michael Fischer unterzeichnet. Ein Jahr danach setzte man bereits den Schlußstein in die Kirchenkuppel; am 23. Oktober 1763 hat der Freisinger Bischof v. Werdenstein das Gotteshaus eingeweiht.
Johann Michael Fischer hat bei seinem Spätwerk in Rott die Idee, Langhaus- und Zentralbau zu vereinen, in idealer Weise verwirklicht. Mittelpunkt ist ein in Haupt- und Diagonalachsen gekreuztes Oktogon mit einer mächtigen Rundkuppel. Östlich und westlich davon schließt sich der Langhaustrakt mit umlaufenden Emporengängen an. Die Gewölbe und Bögen verlaufen maßvoll gekurvt. Insgesamt zeigt sich die Tektonik mit ihrer Symmetrie zurückhaltend vornehmedel.
Der Augsburger Akademiedirektor Matthäus Günther schuf die drei Deckenfresken. Zwei davon, die kleineren, stellen das Martyrium und den Tod der Kirchenpatrone St. Marinus und St. Anlanus dar. Im weiten Mittelfresko reihen sich in unüberschaubarer Anzahl Kaiser, Könige, Heilige und Ordensanhörige in Verherrlichung der Immaculata und der Heiligsten Dreifaltigkeit.
Franz Ignaz Günther hat mit seinen besten Skulpturen die elf Altäre geschmückt. Mächtig erhebt sich der Hochaltar: Auf Rotmarmorsockeln stehen dort rechts und links die lebensgroßen, porzellanweißgefaßten Statuen von Kaiser Heinrich 11. mit dem Bamberger Dom und seiner Gemahlin Kunigunde - Gestalten von Majestät, Würde und Grazie. Eine Stufe höher posieren, in prachtvollen Ornaten gekleidet, die Diözesanheiligen Korbinian und Ulrich. Im Altarauszug thront, getragen von einem feinmarmorierten Säulenpaar, an der blanken Weltkugel die Göttliche Dreifaltigkeit. Zahlreiche liebliche Putti und zwei große, sehr bewegte Anbetungsengel umrahmen das Geschehen.
Als besonders ausdrucksstark gelten die farbiggefaßten Skulpturcn von Papst Leo IV. mit dem giftgrünen Basillsken und Kardinal Petrus Damianus, der aus dem Marien-Offizium liest.
Die heilige Notburga (mit einer Originalsichel!) und St. Isidor, beide in volkstümlicher Tracht, schmecken den Franz-Xaverius-Altar. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass unsere Pfarrkirche geprägt ist vom harmonischen Ein- und Zusammenklang von Architektur, Malerei und Skulpturen. Dadurch gehört sie zu den besten kirchlichen Bauten des 18. Jahrhunderts und somit auch zur europäischen Rangklasse. Herbert Schindler, ein anerkannter Kunsthistoriker, bezeichnet die ehemalige Abtelkirche in Rott am Inn als "Spiegel bayerisch benediktinischer Geistigkeit".
Willi Birkmaier